Neulich habe ich an einem Trainingskurs „Vorwärts Paddeln“ teilgenommen. Und auch wenn ich den Sport schon seit mehr als zehn Jahren ausübe, habe ich sehr viel Neues über ganz grundlegende Bewegungsabläufe gelernt. Das hat mich überrascht und dazu bewegt, über lebenslanges Lernen und Feedback nachzudenken. Dabei habe ich letztlich Parallelen zum Konzept des Software Craftsmanship gefunden, die ich Euch in meinem Beitrag näher bringen möchte.

Der Auslöser

Ich bin seit vielen Jahren begeisterter Paddler, genauer Kajaker (das ist das Boot, bei dem man nach vorne schaut und ein Paddel mit zwei Blättern verwendet :smily:). Seit bummelig acht Jahren begeistere ich mich für das Seekajakpaddeln. In diesem Zusammenhang habe ich Trainingskurse zu verschiedensten Techniken gemacht. Schwerpunkt lag dabei auf der Beherrschung des sicheren Bewegens in den Bedingungen, die uns auf dem Meer an der Nord- und Ostsee begegnen. Vor einigen Wochen habe ich nun an einem Kurs zur Technik des Vorwärtspaddelns teilgenommen. Wenn ich das im Kollegen- oder Freundeskreis erzählt habe, hat dies häufig überrascht: „Du paddelst doch schon seit Jahren, warum machst du denn noch so einen Kurs?“.

Meine Motivation

Das vorwärts Paddeln ist eine absolut grundlegende Bewegung und der mit Abstand am häufigsten ausgeführte Paddelschlag. Ich habe irgendwann, insbesondere auf längeren Touren, angefangen zu schauen, wie es andere machen. Mein Ziel dabei war, Anregungen zur Verbesserung meiner eigenen Technik zu bekommen. Dieses Streben nach Verbesserung ist für mich ganz zentral in allen Dingen, die ich tue. Da das „Abschauen“ bei anderen nicht so gut funktioniert hat, habe ich mich entschieden, einen Trainingskurs zum Vorwärtspaddeln zu absolvieren. Dieses Wochenende war in mehrfacher Hinsicht extrem erkenntnisreich.

Das Aha-Erlebnis

Nach einem ersten Theorie-Input ging es gleich aufs Wasser, um den Status quo unserer Technik zu dokumentieren. Dazu wurde jeder Teilnehmer in einer kurzen Szene mit einer Videokamera gefilmt. Das Videofeedback war ungefiltert, objektiv und ziemlich brutal. Ergänzend haben die Trainer und die anderen Teilnehmer jeweils ihre Beobachtungen geteilt. Beides zusammen habe ich als sehr hilfreiches Feedback erlebt. Dies ist nun die Grundlage, auf der die weitere Verbesserung meiner Paddeltechnik erfolgen kann.

Transfer in den beruflichen Kontext

Was habe ich nun für meinen beruflichen Kontext daraus an Erkenntnissen gewonnen:

  1. Man ist niemals zu alt oder zu erfahren, um nicht noch etwas Neues lernen zu können. Aussagen wie „ich bin langjähriger Softwareentwickler, ich kann daher alles schon“ sind ein Warnsignal für eine fehlende Selbsteinschätzungsfähigkeit. Auch mit langjähriger Erfahrung als Softwareentwickler kann jeder noch etwas dazu lernen. Dabei lohnt es sich auch die Grundlagen (z. B. Entwurfstechniken) im Blick zu haben und nicht nur die besonderen Techniken (z. B. Container, Microservices).
  2. Offenes, klares Feedback durch eine Außensicht ist sehr hilfreich, um Verbesserungspotential zu erkennen und Ideen zu entwickeln, wie eine Verbesserung umgesetzt werden kann. Dazu braucht es ein Umfeld, in dem es selbstverständlich ist seinen Code anderen zu zeigen und sich Code von anderen anzuschauen und gegenseitig Feedback zu geben.

Software Craftsmanship

Interessanterweise finden sich diese beiden Aspekte auch bei den Prinzipien der Software Craftsmanship wieder. Das Prinzip von Clean Code fällt den meisten von euch vermutlich als Erstes ein (mir ging es jedenfalls so). Um aber guten Code schreiben zu können, ist es notwendig zu lernen und immer wieder zu üben. Auch für alte Hasen der Softwareentwicklung ist es aus meiner Sicht lohnenswert, immer mal wieder auf sein Handwerkszeug zu schauen, sich Feedback zu holen und Neues zu lernen.